Katzer Families

Grumberg (Podlesi)
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Geschichte von Grumberg  (heute: Podlesí)

Übersetzung eines tschechischen Textes mit dem Titel „Historické toulky“ (Historische Streifzüge), der in der Zeitschrift „Bratrusovský zpravodaj“ (= Brattersdorfer Reporter) vom April 2005 erschienen ist. Verfasserin ist Frau L. Nosálová.
Die Übersetzung ins Deutsche wurde von Erhart Meixner angefertigt.

Im nordwestlichen Teil der Region Mährisch-Schönberg, nur einige Kilometer von Hannsdorf (heute: Hanusovice) entfernt, liegt im Gebirgsvorland des Altvaterwaldes ein Dorf, das früher einmal eines der am höchsten gelegenen mährischen Städtchen war, Grumberg, dessen Geschichte im Jahr 1598 begann. Heute ist es ein Dorf mit dem Namen Podlesí, zu dem man es vom tschechi­schen Namen Krumperky 1949 umbenannt hat. Es erinnert heute kaum an die prosperierende Stadt, die einst mit einer Reihe von bedeutsamen Privilegien ausgestattet war. Diese hatte der Eigentümer der Eisenberger Herrschaft (Eisenberg heute: Ruda nad Moravou), Bernhard von Zierotin durch eine Urkunde, erlassen am Tag des Hl. Georg, am 24.04. im Jahre 1612 in Eisenberg, den Ansiedlern verliehen. Gegen bestimmte Leistungen verlieh er ihnen ein Stadtrechts- und Gerichts­siegel und einige weitere Freiheitsrechte. So konnten sie jeden Mittwoch regelmäßige Wochen­märkte abhalten, Handwerkszünfte einrichten und freien Handel führen (Salz, Garne). Sie durften auch ein Rathaus, ein Spital, Bäder, ein Gefängnis, eine Brauerei, eine Mälzerei und ein Sä­gewerk errichten. Gleichzei­tig verlieh er ihnen die Rechte zum Bierausschank, in zwölf Häusern den Ausschank von Wein und gestattete ihnen die Erteilung von Geburtsbescheinigungen und Tauf­zeugnissen. Er übergab ihnen die Vertretung der Polizeiverwaltung und befreite sie vom Frondienst am herrschaftlichen Hof. Nicht freigesprochen wurden sie vom Dienst bei Jagden auf Großwild und auf Wölfe.


Die Eisenberger Güter, von einer Herrschaft kann erst ab dem Jahr 1609 gesprochen werden, wur­den von Johann von Zierotin dem Älteren im Jahr 1596 gekauft. Schon zwei Jahre später führte er die Be­siedlung eines abgelegenen und unentwickelten Teils dieser Güter mit der Absicht durch, dort eine neue Stadt zu errichten. Das haben er und sein Sohn Bernhard von Zierotin tatsächlich erreicht, denn nur 14 Jahre nach seiner Gründung wurde Grumberg 1612 zur Stadt erhoben. Zur Frage, wie die Ansiedlung in einer nur so kurzen Zeit zu einer Stadt heranwachsen konnte, kann man die Er­klärung in der damaligen bedeutenden Konjunktur im Transithandel mit Vieh finden. Vom östlichen zum westlichen Europa bestanden Viehtriebwege, welche die Feudalherren Mährens zu einem für sie vorteilhaften Handel nutzten. Sie kauften ausgehungertes Vieh zusammen und ver­kauften es nach Auffütterung mit Gewinn. So hatte zum Beispiel Friedrich von Zierotin auf den „Wie­senberger Höhen“ (Wiesenberg heute: Loucna nad Desnou) Weiden für 40 Tiere, die er im Jahr 1612 seinem Bruder Bernhard überließ, was indirekt beweist, dass die Zierotiner Viehhandel betrie­ben. Denn von den zwei Viehtransportstrecken führte eine über Hohenstadt (heute: Zabreh) und die zweite über Kladsko in Richtung Prag, also genau durch das Gebiet der Eisenberger Herrschaft. Wenn man diesen Zusammenhang sieht, war die Auswahl der Siedler, die aus dem Frankenland, aus Oberbay­ern kamen, wohl kein Zufall. Neben dem lutherischen Glauben der Siedler könnte für den Zierotiner deren Kenntnis des zweiten Transitweges noch viel wichtiger gewesen sein, denn das fränkische Nürnberg war ein Zentrum dieses Viehhandels.


Im Jahr 1612 hatte das Städtchen 40 Häuser (etwa 280 Einwohner); 1640 waren es ein­schließlich des Rathauses 59 Häuser (etwa 420 Einwohner); um das Jahr 1670 waren es etwa 75 Häuser mit 525 Einwohnern; im Jahr 1793 waren es 129 Häuser mit 918 Einwohnern. Ungefähr in der Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte Grumberg den Höhepunkt seiner Einwohnerzahl mit 137 Häusern, in denen 1 937 Einwohner lebten. Ab dieser Zeit begann, wahrscheinlich durch das Fehlen von Ge­werbebetrieben, stufenweise ein Rück­gang der Einwohnerzahlen. 1911 lebten in Grumberg nur noch 730 Einwohner, im Jahr 1921 waren es 669 Einwohner in 132 Häusern und im Jahr 1930 gab es nur noch 593 Einwohner in 128 Häusern.
Nach dem Tod von Bernhard von Zierotin (1614) verkauften seine Brüder die Eisenberger Herrschaft an den vorhergehenden Eigentümer Ladislaus Welm von Zierotin (von der Lundenburger Linie) in Mährisch Trübau.  Nach der Schlacht am Weißen Berg (1620) wurde der größte Teil des Vermögens des Ladislaus Welm von Zierotin konfisziert. Die Eisenberger Herrschaft gehörte dann bis zu ihrem Tod seiner zweiten Ehefrau Alzbeta von Thurn. Als diese am 24. Januar 1622 starb, übernahm Welms Verwandter und Freund Karl von Liechtenstein die Herrschaft.


Die ersten Siedler errichteten ein nicht-katholisches hölzernes Bethaus, an dessen Stelle am 9. Juli 1683 der Grundstein für die heutige Pfarrkirche gelegt wurde, die  der Hl. Maria Magdalena geweiht ist. Eine Erneuerung der Kirche wurde 1786 fertiggestellt, eine weitere Instandsetzung erfolgte 1802. Die Kirche ist im staatlichen Verzeichnis der kulturellen Gedenkstätten enthalten. Die Kirchenglocke aus dem Jahr 1637 überlebte beide Weltkriege. Es scheint so, dass die Grumberger die neue Religion alles in allem loyal übernommen haben, immerhin ging der Bau der neuen Kirche auf ihre Kosten. Auch ging dem Bau der Kirche eine Bußzeit von sieben Jahren voraus. Nach der Stadtchronik wurde am 21. Mai 1677 entschieden, die Gemeinde der Muttergottes zu weihen, um zukünftig vernichtende Stürme und Hagelschäden, die einige Jahre vorher große Ernteschäden angerichtet hatten, von der Gemeinde abzuwenden. Sieben Jahre lang durften in Grumberg und in den Gemeinden der Umgebung immer sieben Wochen im Jahr, beginnend 14 Tage vor Pfingsten, am Samstag ab zwei Uhr nachmittags weder Feldarbeit oder eine andere Arbeit verrichtet werden. Alle Einwohner mussten in der Kirche an einem Rosenkranzgebet teilneh­men. An den Sonntagen waren Spiele und Belustigungen verboten. Wenn jemand dieses Gelübde nicht einhielt, musste er als Buße eine Nacht in der Kirche verbringen.


Schon einige Jahre nach der Errichtung der neuen Kirche wurde Grumberg zu einem bekannten Wallfahrtsort. Der Weg hierher gehörte bei den Mährisch-Schönberger Bürgern zum „guten Ton“. Der damalige Wallfahrtsort befindet sich im Wald etwa 1 km südlich von Grumberg, wo man vermut­lich etwas recht „eigentümliches“ finden kann. Bis auf den heutigen Tag steht in der Mitte von belaubten Bäumen,  die den Eindruck einer Kapelle ergeben, beinahe unversehrt, ein Christuskreuz aus Sandstein. Aus der Seite des Körpers Christi ragt ein Rohrstück hervor aus dem ein Wasser­strahl austrat, der aus einer nahegelegenen Quelle gespeist wurde. Man sagt, das Was­ser war ra­dioaktiv und hatte eine Heilwirkung. Etwa drei Meter vor dem Kreuz war eine Steinfassung, mit einer kleinen runden steinernen Schale, in die der Wasserstrahl aus der Wunde des Körpers Christi hineintraf.
Das Städtchen wurde 1673 durch einen entsetzlichen Brand vernichtet. Der Zerstörungswut des Feuers fielen die Schule, 67 Wohnhäuser und 18 Scheunen zum Opfer. Das bedeutet, dass außer der Bethalle und ungefähr acht Häusern alles in Asche lag. Immerhin besann man  sich auf die 100 Jahre, in denen man schon beinahe die doppelte Anzahl von Häusern hatte und baute Grumberg wieder auf. 1945 jedoch trat der totale Niedergang ein. Der Mangel an Arbeitsgelegen-heiten veran­lasste mit der Zeit die Nachkommen der neuen Siedler zum Weggang, so dass Podlesí, wie es jetzt heißt, im Jahr 1980 bei der Gemeinde Klein-Mohrau (Malá-Morava) eingemeindet wurde. Bei der Volkszählung im Jahr 1990 lebten hier nur noch 99 ständige Einwohner.
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts nutzte das Städtchen Grumberg ein Siegel mit einem Bild, in dem auf drei Bergrücken links ein Hirsch aufrecht steht, ihm gegenüber mit einem Gewehr im Anschlag ein Jäger und zwischen ihnen in der Mitte ein belaubter Baum. Außer der Kirche, die im Staatlichen Verzeichnis der kulturellen Gedenkstätten enthalten ist, ist dort auch die spätbarocke Pestsäule aus dem zweiten Drittel des 18. Jahrhundert eingetragen, die auf dem Dorfplatz steht.


Ein Tipp für Radfahrer: Podlesí erreicht man über Straßen. Auf der Straße von Hannsdorf kommend biegt man nach Süden ab und fährt ab da gegen die Fließrichtung des Gebirgsbaches, der in die March mündet, weiter. Diese Straße wird hinter Podlesí zu einem gut befestigten Weg, der den Alt­vaterwald im Gefälle nach Nikles (heute: Raskov) durchquert. Südlich von Podlesí erhebt sich der Oberbrenntenberg (851 m), auf dessen Gipfel im Jahr 1932 durch eine örtliche deutsche Touristen­vereinigung die sicher vielen bekannte Nordmährerbaude errichtet wurde. Leider brannte sie 1962 bis auf die Fundamente ab. An der gleichen Stelle wurde in den folgenden Jahren ein Erholungs­zentrumerrichtet, das besonders dem Wintersport dient (Severomoravská chata).